2 Westcoast 

03.03.2017

Ich bin wieder an die Westcoast gefahren den Tag zuvor, denn ich habe hier heute einen Termin auf den ich mich schon seit einer Woche freue. 


Glücklicherweise hat die Feuerwehr von Hanmer springs den Waldbrand um den Highway zur Westcoast gerade noch unter Kontrolle bekommen. 

Leider waren zu Vatis und Rebeccas Besuch keine Plätze mehr frei, aber heute sind gerade mal 5 Leute angemeldet in der Messerschmiede Barrytown. Steven und Robyn Martyn haben auf ihrem Grundstück einige Pferde, Schafe und Wekas herumlaufen. Kaum zu glauben, dass hier schon 20000 Messer von Besuchern gemacht wurden! Und wahrscheinlich nochmal so viele von Steven selbst. Im Hinterhof steht eine Esse, fünf Bandschleifmaschinen und etliche Werkbänke mit verschiedenen Handwerkzeugen darauf. Nachdem noch eine Dreiergruppe Kiwis aus Christchurch eingetroffen ist, wird klar dass wir nur 4 Leute bleiben werden. Gut für Steven und Robyn, sie haben damit einen entspannten Tag vor sich und so beginnen wir sofort mit dem Schmieden. 

Dreimal darf der Stahl nur glühend heiß gemacht werden, ansonsten entstehen zu große Löcher im Kristallgefüge des Kohlenstoffstahls.

Schwierig mit nur einigen Schlägen eine gleichmäßige Formgebung zu erreichen, denn nur in den ersten 10 Sekunden wenn der Stahl aus der Esse kommt, kann man das Werkstück plastisch verändern. 

Ist man soweit mit dem Ergebnis zufrieden, kommt das Härten des Stahls. Dazu wird er noch einmal glühend heiß gemacht (die richtige Temperatur hat man wenn das Stahlstück plötzlich nicht mehr magnetisch ist) und dann sofort schockgekühlt in einem Gefäß mit Öl. 


Danach definiert man die Grifflänge und bringt das Messinggriffstück an.

Unterdessen befasst sich Julian schon mit dem Zurechtsägen des Holzes für die Griffe. 


Dann wird angehalten, aufgezeichnet und ausgeschnitten… 


…dann die Grundstücke mit Kontaktkleber aufgebracht, Löcher durch alles gebohrt und die Griffstücke mit Messingstiften verbunden. 


Jetzt wird geschliffen. Alles was um das Metallstück heraussteht und die Messingstifte werden weggeschliffen, bevor die Messer mit einer Art Spachtelmasse „abgedichtet“ werden. 


Zeit das Epoxidharz trocknen zu lassen und etwas zu essen. Und mit Sam, dem Hauspapagei spielen natürlich! 


Mit dem getrockneten Dichtstoff kann man schließlich mit äußerst grobem Sandpapier auf dem Bandschleifer die Formgebung der Klinge und des Griffs in Angriff nehmen.


Jetzt ist die große Frage, wie die Klinge und der Griff am Ende wirklich aussehen sollen. Robyn berät hier Sandy.

Allan schleift indess schon seinen Messerrücken zurecht. 


Stehen die Klingenformen einmal fest, beginnt das Nachschleifen mit immer feineren Körnungen…120,200,400,800,1200,1500,2500 und zum Abschluss noch polieren. 


Während des Nachmittagskaffees trocknen die Schichten aus Schuhcreme und Puffy darf in der Stube einige Kunststücke aufführen. 

Man erfährt in einer kleineren Gruppe wesentlich mehr über die Leute als in einer großen, soviel ist mal klar.  Allan hat lange Jahre in Australien, Perth gearbeitet und ist mit Eintritt in die Rente wieder zurück nach Neuseeland gekommen. Julian und Sandy sind verheiratet und haben ein Wochenendhaus in Kaikoura weil sie eigentlich nur in Christchurch arbeiten. Steven ist aber von allen mit Abstand der spannendste Charakter. Er hat mit Robyn vor 12 Jahren die Messerschmiede ins Leben geholt. Eigentlich hätte es aber eine Bogenwerkstatt werden sollen. Wie so oft im Leben hat der Zufall ihn leider an Krebs erkranken lassen, drei Jahre zuvor. Nach Chemotherapie und Revaleszenz hat er sich der Erkenntnis hingegeben dass das Leben viel schneller endet als man möchte und das letzte Hemd keine Taschen hat. Durch diese Erkenntnis getroffen kam es, dass ein 200PS-Trike, ein Aston Martin-Oldtimer und ein nagelneuer V12 derselben Marke in die Garagen auf dem Gelände eingezogen sind. Bringt er also nicht gerade Amateuren das Messerschmieden bei (und macht sich dabei über den einzigen Deutschen der Gruppe lustig), braust er mit 170 Meilen die Stunde auf dem Westcoast Highway hoch und runter und das sei ihm gegönnt, wie ich finde! 


Die Ergebnisse des Tages können sich sehen lassen, wie ich finde (v. l. :Stefan, Julian, Sandy, Allan) 

04.03.2017

Das nächste große Highlight folgt gleich auf dem Fuße, denn ich fahre weiter gen Süden zum Franz Josef Gletscher. Ich möchte eigentlich nicht im Spätherbst auf Stewart Island eintreffen, denn schon hier sind die Temperaturen merklich frischer geworden als noch vor vier Wochen in Nelson. 


Ein schmelzender Riese: 2008 noch hat der Franz Josef Gletscher bis zum Ende des Tals gereicht. 


Das Panorama in dem Talkessel ist trotzdem gigantisch mit den Wasserfällen… 


…und vom Gletscher rundgeschliffenen Steinklippen.


Trotz der Steinwüste, die er hinterlassen hat ist Franz Josef neben seinem Nachbarn dem Fox Gletscher der einzige in einer bewaldeten Umgebung. 


Das Eis im Hauptteil des Gletschers ist dennoch massiv und majestätisch anzusehen, besonders wenn man die vergleichsweise winzigen Helikopter anschwirren sieht. 

05.03.2017
Ein genauer Blick auf die Karte verrät, dass es nicht nur den vergleichsweise leichten Track durch das Tal zur Gletscherzunge gibt, sondern auch einen Tramping-Track bis auf etwa dieselbe Höhe, sodass man den Gletscher auf Augenhöhe und in Gänze sieht.

Ca. 8 Stunden sollte dieser Weg zum Alexander Knob und zurück in Anspruch nehmen und diese Zeit braucht man tatsächlich, angesichts der vielen Kletterpassagen und Überwachsungen von Bäumen, durch die man sich zwängen muss. Trotz des kalten Wetters bin ich im Shirt unterwegs und jedes Mal wenn ich stehen bleibe bemerke ich wie Dampf um mich herum aufsteigt als wäre ich ein Hirsch. Ein, zwei gute Ausblicke bekomme ich auf dem Weg, dann sinkt der Nebel herab und es beginnt zu regnen.

Wahrscheinlich ist dies eine der besten Stellen um das abschmelzen des Gletschers zu dokumentieren.

Je weiter es nach oben geht, desto mehr blickt man direkt in die Talspalte, in der sich das Eis versteckt. Wenn nicht gerade die Wolken herabsinken. 

Endstation: Keine Sicht mehr über 50 Meter und einsetzender Regen legen eine Umkehr nahe.

Zeit umzukehren, denn selbst sollte ich die Spitze erreichen, würde ich nichts erkennen können. Wie ich heruntersteige von den rund 1000m.ü.N. wird der Regen heftiger und ich bedaure die armen Tropfe die bis hoch gelaufen sind in der Meinung: You have to finish what you began.
Ich spare mir lieber diese Kraft auf, denn ich werde sie noch brauchen in den nächsten Tagen!

06.03.2017
Ich habe mich schon immer gefragt, wo die Helikopter eigentlich alle landen. Heute erfahre ich es. In der Stadt Fox Glacier wird man erstmal mit Jacken und Hosen ausgerüstet, sofern man sie denn braucht. Dann wird unsere Truppe in den Bus verfrachtet und zum Helipad gefahren, dass sich nur die Straße runter außerhalb des Dorfs befindet. 22 Leute sind reichlich viel für einen Heli, aber auf dem Flugplatz angekommen werden wir erstmal mit Schuhen und Socken ausgestattet und in Gruppen zu je 6 eingeteilt.

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Dabei wird auch darauf geachtet, dass keiner mehr als 115 Kilo wiegt wenn er in den Heli steigt.

Nach einer Sicherheitseinweisung geht es los, wir werden in den laufenden Heli verfrachtet und einige sind doch ziemlich verängstigt angesichts des Windes und dem Donnern der Rotorblätter die gerade mal einen Meter über unsere Köpfe hinweg durch die Luft fegen. Man kann die dadurch entstehenden Druckwellen förmlich erfühlen, selbst wenn man taub wäre. Ich nehme mit 5 Koreanern und Fei, dem Guide platz. Dann hebt der Kasten senkrecht in die Luft ab und die Erde entfernt sich von uns. Die ersten paar Sekunden hat es etwas von Fahrstuhl fahren, so gleichmäßig ist die Bewegung. Dann jedoch kippt das Rotorblatt um die Vorwärtsbewegung einzuleiten und alles was man sieht…
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…ist die Draufsicht einer neuseeländischen Weide.

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Die Anzeigen eines Helikopters: Bordstrom 28V, Tank 52%, 77,3% Auftriebsmoment, 390 Rotordrehungen pro Minute, 1000m Höhe, 96% Gewichtsauslastung für Start. Und wir fliegen nach Osten.

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Schon alleine der Flug bietet eine Aussicht, die man andernfalls unmöglich haben könnte.

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Keine 5 Minuten ist man bis zum Eis unterwegs.

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Ist man oben auf der Plattform, muss man bei jedem landenden Heli in Deckung gehen, denn der Luftstrom der Rotorblätter wirbelt jede Menge Eis auf.

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Egal wie man es anstellt, diesen Ausblick bekommt man definitiv nur direkt auf dem Eisfeld

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Die Victoria-Fälle resultieren aus dem abschmelzenden Eises eines anderen großen Gletschers weiter oben.

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Unsere Truppe rückt ins Eis vor.

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Die Fahrten nach Prag haben mich vieles gelehrt. Vor allem dass man mehr Blödsinn machen kann wenn man vertrauenswürdig zu sein scheint und damit ganz hinten laufen kann.

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Die Steigeisen sind obligatorisch hier oben, damit zu laufen ebenfalls eine Premiere für mich.

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Von Zeit zu Zeit bleiben die Guides stehen um neue Stufen in das Eis zu hacken…

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…aber meist sind schon Wege angelegt.

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Entlang des Weges gibt es viele bizarre Formationen aus Eis zu bestaunen.

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Mit Wasser gefüllte Sinklöcher…

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…Tiefenlöcher die bis auf den Grund des Gletschers führen…

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…Eisspalten unter großen Schollen…

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—Aufwölbungen von Deckeis…

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Gletscherspalten an den Seitenwänden…

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…Gletscherpfützen mit Musterbildung durch Sanderosion…

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…und natürlich Eishöhlen.

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Etwas was es vermutlich nur in Neuseeland gibt: Durch den Pflanzenbewuchs oberhalb des Gletschers finden sich auch immer mal wieder Blätter und andere Pflanzenteile auf dem Eis.

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Am höchsten Punkt des Ausflugs treffen wir auf die Icecarver. Sie sind hier um neue Wege in den Gletscher zu hauen.

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Wenn man das länger macht sieht man irgendwann aus wie ein invertierter Waschbär.

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An den schwierigeren Hindernissen bilden sich längere Warteschlangen.

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Kein Wunder, die Guides müssen auch erst Sicherungsequipment legen.

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Beim Durchqueren von Eishöhlen muss man manchmal erfinderisch sein.

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Weiter oben, in der steileren Gletscherzone sind riesige Eistürme zu sehen, die nur von erfahrenen Eiskletterern bestiegen werden dürfen. Deswegen geht es für uns wieder zurück zur Heli-Plattform.

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Im Gänsemarsch gehts um den See aus Gletschereis.

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Ein Gletscher fließt unablässig das Tal hinab und dabei bewegen sich verschiedene Eismassen unterschiedlich schnell. Manche Deckschichten werden dabei zusammengestaucht und tonnenschwere Eisplatten biegen sich wie ein Papierstück nach oben.

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Oben in den Bergen fällt der Niederschlag als Schnee, folgt der Gravitation und rutscht das Tal hinab. Dabei verdichtet sich alles, schmilzt auf und gefriert wieder und wird somit zu Eis. Milliarden Tonnen davon bewegen sich mit 2-5 Metern pro Tag den Berg hinunter.

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Ich habe Fei gefragt wie das dann mit der Landungsplattform ist und er sagte dass jeden Morgen ein Team um 6 hinauffliegt und eine neue erstellt. So langsam wird mir klar, warum dieser Ausflug so teuer ist.

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Aber er ist das Geld auf jeden Fall wert gewesen, denn die Alternative ist…

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…den Gletscher nur halb versteckt in seinem Tal zu sehen.

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Keine Bilder aus der Luft…

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…sondern maximal vom unteren Teil des Eises, was aber auch sehr beeindruckend sein kann. Der Steinbrocken rechts ist so riesig, dass man einen kompletten fünfstöckigen Plattenbaublock da rausfeilen könnte.

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425 Dollar mögen eine Menge Geld sein, gerade für einen Backpacker. Aber wie ich finde ist es das wert, denn für mich ist dieser Ausflug neben Tongariro Crossing und White Island unter den Top 3!

07./08.03.2017

Die Wettervorhersage an diesem Donnerstag versetzt mich in Hochstimmung, denn die nächsten zwei Tage sollen hervorragend gut werden. Für einen Trampingtrack wie den ins Copland valley gibt es nichts besseres, denn wenn man schon einmal 7 Stunden in eine solch spektakuläre Umgebung hineinläuft, möchte man natürlich auch etwas davon sehen!


Der Eingang sieht aus, als wäre der Copland Track ein great walk. Ist er aber nicht!


Damit einher geht, dass man sich nicht für einen Hüttenplatz anstellen braucht und kaum Leute auf dem Weg trifft.


Im unteren Teil ist die Vegetation noch grün und üppig, aber je höher man kommt, desto steiniger wird der Weg.


Je näher man der Welcome Flat Hut kommt, desto länger und furchteinflößender werden die Brücken…


…besonders wenn man eine Sony Alpha 7S am langen Arm über dem Abgrund für ein Selfie balanciert!


Wasserfälle und Sturzbäche können bei Regen so weit anschwellen, dass sie den Weg blockieren und man die komplette Wanderung nicht antreten kann.


Wer noch den Hauptkamm der southern Alps überqueren will, der kann dem Tal weiter bis zum Copland Pass folgen, der sich in der Nähe vom Mt. Cook befindet.


Die Hauptattraktion an der Welcome Flat Hut ist das unbeschreibliche Panorama der Sierra Range…


…die man am bestem im Hot Pool genießt.


250 Jahre altes Wasser kommt mit 58°C in der Nähe der Hütte aus dem Boden…


…und wird über Kanäle…


…in drei verschiedene Pools geleitet.


Die Dampfschwaden des Wassers sorgen für eine mystische Stimmung bei künstlicher Beleuchtung.


Aber auch ohne tragbaren LED-Scheinwerfer liefert der Mond genug Licht zur Orientierung.


Die Welcome Flat Hut im Mondschein