1 Auckland-die erste Woche 

Anreisetag 

Draußen stürmt es, schon die ganze Nacht schlagen die Gardinen gegen die Fenster. Vielleicht ist das der lang versprochene Tropensturm, der schon seit Tagen angesagt ist und nun endlich an meinem Abflugtag das Eiland trifft. Während des Frühstücks checke ich schonmal die Busverbindungen und bald darauf stehe ich an der nächsten Haltestelle mit den letzten 2,50$ in der Hand. Sollte etwas schiefgehen und ich habe das Bussystem falsch verstanden, bei dem man 2,50 bezahlt und quer durch die Stadt fahren kann, bin ich aufgeschmissen. Aber es geht alles glatt, das Umsteigen funktioniert und ich lande unbeschadet am Flughafen. Zumindest in dessen Nähe, denn wie ich schon beschrieben habe sind die Freunde des Individualverkehrs nicht gerade auf laufende Flugreisende eingestellt. Was für mich bedeutet, dass ich etwa zwei Kilometer bis zum Air New Zealand-Gate eiern muss. Ab da ist alles kein Problem mehr: Gepäckabgabe, Ticketcheck, Securitycheck, Passport- und Ticketcheck, Boarding und schon sitzt man im Flieger. Als professioneller Vielflieger, der ich während letzter Woche geworden bin, habe ich mich schon komplett eingerichtet und verkabelt, als eine Durchsage die Auswahl des Filmprogramms unterbricht. Der Kapitän gibt bekannt daß der Start sich leider verzögert, weil die Maschine des Präsidenten (jap, Obama) gerade landet, weil Barack mit seiner Familie einen Tag in der Heimat verbringt. Stellt euch einen Käfig mit 50 ausgehungerten Hamstern vor, in den man einen Maiskolben schmeißt. Schlagartig herrschte Dunkelheit im Flugzeug, weil alle verfügbaren Sichtluken von Gesichtern verdeckt wurden. Gesehen hat ihn trotzdem keiner. Nur die Airforce One kam von der Landebahn gerollt. Endlich in der Luft startete ich den Lord of the Rings-marathon und die Zeit verging…nun ja…wie im Flug.

Keine Ahnung, was es diesmal für ein Flieger war, aber bislang war es der komfortabelste Flug.

Irgendwann tauchen dann auch die ersten Ausläufer der Nordinsel auf und das Flugzeug geht in den Landeanflug, als mir auffällt, dass ich meine Passenger Arrival Card noch gar nicht ausgefüllt habe und dringend erklären muss, dass ich getrocknete Früchte, Nüsse, Wassersportequipment und dreckige Schuhe dabei habe. Also fülle ich das alles noch flux aus und begebe mich damit zur Security-Control. Es dauert nicht länger als 30 Minuten und ich bin durch. Gezeigt habe ich nur meine Schuhe, niemand wollte auch nur Visa, geschweige denn 2240$ oder ein Rückflugticket sehen. Es ist auch nicht so, dass sich immer 15 Leute sich in einem Meter Abstand zueinander aufstellen müssen und ein Hund samt Führer die Ankommenden und deren Gepäck beschnüffelt. Das sollte nach der Darstellung eines Arbeitskollegen in Australien bei der Einreise passieren. Hier nicht, aber ich bezweifle besser nicht dass der Zoll hier etwas findet, was nicht angegeben ist.

Kaum draußen, habe ich auch schon eine Vodafone Sim-Karte samt 20NZD Guthaben und einen Stadtplan samt Unternehmingstipps. So stelle ich mir das vor! Auch beim Thema Bus geht es kaum besser. Man fällt aus der Flughafentür direkt in den Bus, der einen für angemessene 18$ in die Innenstadt bringt. Auf Nachfrage wird sogar die Station explizit angesagt, oder man wird zwischen Stationen einfach rausgelassen. Gegen 6 checke ich im Bamber House ein, einem Hostel das mir irgendwie ein Upgrade verpasst hat und mich einfach in ein Doppelzimmer gesteckt hat, das ich nun allein bewohnen darf. Ich habe wirklich sehr viel Glück gehabt, meint die grinsende Rezeptionistin. In ihrer ganzen Zeit (drei Monate) sei das bis jetzt nicht einmal vorgekommen, versichert sie mir und ich kann ihr ansehen, dass sie das ihre Freude für mich wirklich nicht gespielt ist.

Ich ziehe nach meinem Einzug nochmal los, um Vorräte einzukaufen und den Mount Eden zu erklimmen, einen erloschenen Vulkan mitten in der City von Auckland, keine fünf Minuten vom Hostel entfernt. Als ich oben ankomme, vernehme ich ein Instrument, das irgendwo gespielt wird. Ich kann nicht sagen welches, aber hört euch den Soundtrack von LotR an, dann habt ihr es. Es ist wirklich so, als wäre ich nach fünf Tagen Reise tatsächlich im Auenland angekommen.

Laut dieser Anzeige auf dem Mount Eden liegen San Francisco und Honolulu gar nicht so weit voneinander entfernt wie ich dachte.

Sieht ziemlich gespenstisch aus, ist es aber nicht, wenn jemand dazu vom Gipfel herunter Flöte spielt.

Die Skyline von Auckland Richtung Innenstadt 

Auckland ist so groß, dass man bis zum Horizont nichts als Lichter sieht. Dafür ist alles sehr flach gebaut, um den Erdbeben nicht allzuviel Angriffsfläche zu bieten. 

Mein Hostel für die erste Woche ist doch schon recht nobel.

Erster Tag

Ich muss die ersten Schritte hinter mich bringen, also zieht es mich in die Innenstadt. Es ist Samstag und so ist früh morgens noch nichts los auf den Straßen. Auf der Suche nach einer Kiwibank wende ich mich an die nächste I-site, die neuseeländische Touristeninformation. Dort erfahre ich, dass von den drei Postfilialen im Umkreis nur eine am Wochenende geöffnet hat. Und dass diese mit der Kiwibank gekoppelt ist. Ich begebe mich insgesamt drei Mal dorthin, weil nie die Finanzfachkraft anwesend ist. Als ich nach 1,5 Stunden Wartezeit im und um Büro verbracht habe, werde ich endlich zum Gespräch gebeten. Ich werde um Reisepass, Visum und Nachweis meiner physischen Adresse gebeten. Mhh, das ist mir neu, dass man drei Sachen dazu braucht und als ich anmerke, mir fehle der Adressnachweis, dreht sich die Bankangestellte einfach um und verlässt das Büro indem sie mir einen Flyer in die Hand drückt und bemerkt, dass sie mein Konto so nicht eröffnen kann. Viele Dank auch! Zwei Stunden für nichts geopfert.

Was man seit letztem Jahr braucht ist der Nachweis einer physischen Adresse und sei es nur der Brief eines Hostels, der bestätigt dass man permanent dort wohnt. 

Ich beschlieβe das erstmal auf sich beruhen zu lassen und ins Maritimmuseum zu gehen. Verschiedene Exponate zeigen die Ankunft der Maori auf der Insel und deren Möglichkeiten des Transports ihrer Waren. Andere Ausstellungsstücke sind aus moderneren Zeiten und stellen dar wie die ersten Europäer um die Welt reisten und wie die ersten Fährverbindungen zwischen Nord- und Südinsel etabliert wurden.

Das Ferry Building direkt in der Innenstadt von Auckland.

Irgendwann wurde der Bootsbau und der Transport auf dem Wasser weniger wichtig und die Neuseeländer verlegten sich aufs Segeln als sportliche Herausforderung. Und sie waren damit sehr erfolgreich, wie der 1995 gewonnene Americas Cup als nur eine der vielen Auszeichnungen beweist.

Kaum zu glauben, aber mit solchen Wakas kamen die ersten Maori tausende von Kilometern über das Meer, um Neuseeland zu besiedeln. 

Was ich in in knapp 24 Stunden an Wegstrecke im Flugzeug zurück gelegt habe, zog sich in den 1860 Jahren über 90-120 Tage in einer solchen Kabine hin. 

Das Siegerboot von Peter Blake und seiner Mannschaft, mit dem Neuseeland 1995 den Americas Cup für sich entschied.

Da ich nun an meinem Bestimmungsort angekommen bin, werde ich mit dem Schreiben von Einträgen etwas kürzer treten. Aufgaben wie der Kauf eines Autos und die Bewerbung um einen Job kommen auf mich zu, also werde ich wahrscheinlich nur noch Fotos hochladen und Bildunterschriften erstellen.

Zweiter Tag 

Museum of Transport and Technology.

Erinnert eher ein bisschen an Island, wo die Häuser mit ziemlich abgefahrenen Grafittis besprüht sind.

Der Stromabnehmer dieser Straßenbahn wird mit einer Erdungsstange in die Oberleitung eingehangen. Und sofort springt sie an, sobald sie 600V bemerkt.

Alte Fahrzeuge gibt es natürlich auch zu sehen, hier ein alter Jaguar. 

Der Motor vor dem Flugzeug passt doch tatsächlich in das Fluggerät dahinter. Ich wette das geht knapp zu!

Balus Einsatzflugzeug ist hier auch ausgestellt. 

Moderne Jagdflugzeuge gibt’s natürlich auch. 

Dritter Tag

Es ist Montag, die Geschäfte haben wieder geöffnet. Es zieht mich also in die Innenstadt, um endlich den Bankaccount zu eröffnen, den ich brauche um meine Steuernummer zu beantragen, die IRD-Number. Diese braucht man, bevor einen der Arbeitgeber einstellen kann. Mit meinem potentiellen Arbeitgeber habe ich schon nach dem Frühstück telefoniert, aber da war er im Meeting.

Für die Eröffnung eines Bankaccounts braucht man:

  • Identification Document (Reisepass)
  • Visa
  • Proof of adress (Stromrechnung, Anwaltsschreiben, offiziellen Brief an die physische Adresse, Brief des Hostels, dass das die permanente Adresse ist, reicht aber auch)

Wer denkt dass das viel ist, sollte besser gar nicht erst die IRD-Nummer beantragen (Steueridentifikationsnummer, braucht man um arbeiten zu gehen). Als Kopien müssen geliefert werden:

  • Reisepass
  • Visum
  • Eröffnungsschreiben des Bankaccounts (vorher noch etwas einzahlen, damit eine Transaktion drauf ist)
  • Addressnachweis
  • Ausgefülltes IRD-Formular

Auckland Art Gallery, sicherlich nicht für jeden was, aber dafür hat man freien Eintritt. 

Und die Exponate sind auch ziemlich gut.

Manchmal sehr abstrakt, aber auch das gehört dazu.

Es gibt klassische Plastiken genauso…

…wie moderne.

…oder lebende Arrangements.

Vierter Tag

Endlich mobil! Diesen Nissan Avenir von 2004 gab’s von einem französischen Backpacker samt Campingtipps für schlappe 1900$.

Endlich bin ich Besitzer eines Autos! Es ist ein Nissan Avenir Baujahr 2004 und ich habe ihn von einem französischen Backpacker namens Alban für den Spottpreis von 1900$ abgekauft. Er hat ein paar Kratzer und Dellen, aber dafür viel Stauraum. Wenn ich damit liegen bleibe, stell ich einfach die letzte Szene von „Into the wild“ nach! Alban hat mir noch ein paar nützliche Tipps mit auf den Weg gegeben, wie „wenn du die Südinsel nicht gesehen hast, hast du Neuseeland nicht gesehen!“ und „plane lieber mehr Zeit für die Wege dort ein, du wirst sehr viele Fotos machen.“. Und die App Campermate natürlich, von der mir schon vorher jemand in der Klettergruppe erzählt hat, aber ich hatte mich bis dahin noch nicht darum gekümmert. Neben der Registrierung meines Fahrzeugs bei der Post nutze ich den Tag, um mir das Auckland Museum anzuschauen, das mitten in der Auckland Domain steht, einem riesigen Park im Osten der Stadt. Neben jeder Menge Maorikunst gibt’s einen naturgeschichtlichen Bereich mit allen möglichen ausgestorbenen und existenten Arten, einem Vulkanbereich mit einer sehr realistischen Darstellung eines Ausbruchs in Auckland und dem Kriegsbereich, der die gefallenen und überlebenden Kiwis in verschiedenen Kriegen von 1850 bis heute zeigt. Insgesamt bekommt man sehr viel geboten für die 25$ Eintritt, aber das MOTAT hat mir immernoch besser gefallen.

Das Auckland Museum in der Auckland Domain ist in den 1920er Jahren reichlich massiv errichtet worden.

Stammeshaus der Maori-Häuptlinge 

Die Qualität der Schnitzereien ist einfach herausragend, besonders wenn man bedenkt was für einfache Werkzeuge dafür verwendet wurden!

Sir Edmund Hillary’s Arbeitsgerät ist letztendlich auch hier gelandet.

Die Kanus der Maori waren so groß, dass sie sogar bedachte Hütten darauf errichten konnten.

Zeremonielle Kopfbedeckungen der Maori.

Da ich immernoch ohne Luftmatratze bin und unbedingt campen will, mache ich auf dem Rückweg nochmal bei simply living halt, einem Outdoorausrüster, der mich ziemlich an den „guten Griff“ in Leipzig erinnert. Da ich einen Rabattgutschein in den im Hostel hängenden Broschüren „Auckland A-Z“ gefunden habe, nehme ich gleich noch eine Trinkblase mit. Diese Gutscheine sind fast für alles verfügbar, sogar für Fährfahrten zu Aucklands Inseln. Sowieso muss man hier immer die Augen aufhalten nach Angeboten, egal ob im Supermarkt, beim buchen eines Hostels via App oder beim Lesen von Broschüren, in denen Coupons und Vouchers versteckt sind. Teilweise bekommt man erhebliche Rabatte von 25-30% auf den Normalpreis!

Auf dem Heimweg muss ich zwangsläufig am Mount Eden vorbei und ich beschlieβe, mir Auckland nochmal von oben anzuschauen, während es im Sonnenuntergang erstrahlt. Es ist schon nochmal etwas anderes, als diese Stadt nur bei Nacht zu sehen.

Auf den Mount Eden führt eine reichlich frequentierte Asphaltstraße.

Entsprechend viele Leute finden den Weg hier herauf, um den Ausblick über Auckland und den Hafen zu genießen. 

Sehr interessant ist ebenfalls der Krater, wenn man sich vorstellt das hier vor 300.000 Jahren glühendes Gestein aus dem Erdinneren hinaufstieg.

Sunset über dem Hauraki Gulf.

Auf dem Weg nach Hause komme ich an einer Burgerbude vorbei und kann einfach nicht widerstehen, meine letzte Mahlzeit hatte ich um 8! Das verwickelt mich zwar in ein Gespräch mit Uwe, einem älteren Schweizer im Hostel, mit dem ich noch bis tief in die letzte Nacht über Massentierhaltung, Gewohnheiten heutiger 30-jähriger und Weltpolitik diskutiere, aber was solls?

Fünfter Tag

Heute ist Mittwoch und das bedeutet für mich: Umzug vom Bamber House ins Ponsby Backpackers. Uwe zieht heute auch um und so verwickeln wir uns nach dem Frühstück wieder in ein ewiges Gespräch über den Hauraki Gulf (die Bucht vor Auckland), die Inseln darin und die Coromandel Penninsula, wo Uwes Segelyacht liegt und wo er nun mit seinem winzigen Suzuki Alto hinzuckelt. Ich mag den komischen Kauz wirklich sehr, er kann jedem im Hostel ein Gespräch aufdrücken, ist weder Deutscher, noch Schweizer, noch Australier, noch Neuseeländer, aber er kann zu allem etwas erzählen, ohne dass man das Gefühl bekommt es mit einem Spinner zu tun zu haben. Ich muss mich auch von Louise (F) verabschieden, die gleichzeitig mit mir im Hostel angekommen ist, jedoch noch bis Sonntag bleibt und dann nach Norden möchte. Wir verabreden uns für Freitag, eine der Inseln vor Auckland zu besuchen.

Dann mache ich die ersten Meter im eigenen Auto, was ziemlich komisch ist. Nicht wegen dem Linksverkehr, damit komme ich ziemlich gut klar, eher wegen dem Automatikgetriebe, für das ich immer mitdenken muss, damit es nicht ausrastet und einmal durch alle Gänge rushed, während man ohne Zug die letzten Meter der Steigung hinaufzuckelt. Ich hasse Automatikgetriebe zutiefst, muss ich gestehen, weil ich sie einfach nicht kontrollieren kann. Ohne größere Zwischenfälle komme ich zum Supermarkt und kann meine Grundversorgung sichern. Bleibt nur noch die Mitgliedschaft im AA, dem neuseeländischen ADAC, die ich noch abschließen muss, nachdem ich im Hostel eingecheckt habe. Damit gibt es eine Mitgliedskarte, die einem Rabatte an bestimmten Tankstellen gewährt, Zugang zu freiem Kartenmaterial und weitere Rabatte zu bestimmten Aktivitäten. So langsam muss ich mal mit dem sparen anfangen!

Das Regal ist mir zu teuer: Lagerhaus für neue Wasserfahrzeuge im Hafen von Auckland.

So sieht ein Vorratskauf in Neuseeland aus: Nichts als Plastiktüten!

Wenn man die Plastiktüten weglässt, passt sogar fast alles in eine Cargobox.

Sechster Tag

Ein Ausflug nach Devonport ist das einzige, was mir noch bleibt. Eigentlich wollte ich nach Waiheke Island fahren mit der Fähre. Nachdem ich aber erst halb eins ins Bett gekommen bin und heute erst halb 10 mit dem Frühstück fertig werde, kann ich meinen Plan schon wieder vergessen.

Ich verabschiede das Chemnitzer Trio (Marcel, Lissy und Martin) noch, mit denen ich am Abend zuvor beim Uno-Spiel so viel Spaß hatte wie lange nicht mehr. Und die haben mir sogar noch eine Tortilla abgegeben, nachdem ich Marcels SIM Karte von der Rezeptionistin in die Hand gedrückt bekommen habe und er aus allen Wolken fiel, als ich sie ihm überreichte. Die drei haben nur drei Wochen in Neuseeland geplant und fahren nach Hamilton. Genauer gesagt nach Raglan, einem Surferdorf an dessen Strand regelmäßig Wellen mit Höhen von um die 7 Meter anlanden.

Ich dagegen habe eigentlich vor mit der Fähre nach Devonport überzusetzen, aber wo ich schonmal am Auto bin und drin sitze, um die Handschuhe einzupacken, schaue ich gleich mal nach wie weit es außen herum ist und siehe da: Der Weg beläuft sich auf gerade mal 13,4 Kilometer!

In Devonport selbst fühlt man sich wie in einer Kleinstadt mit wenig Verkehr und schönen Vorgärten. Und das Beste ist: Man braucht keine zehn Minuten um einen Parkplatz zu finden! Ich stelle das Auto ab, ziehe alles an was ich finden kann, inklusive Handschuhe und Halstuch und begebe mich durch den Nieselregen bei 5 Grad auf den Weg zum Gipfel des Mt. Victoria Victoria. Oben angekommen ist der Wind so heftig, dass man ernste Probleme hat, überhaupt ein Foto zu machen.

Auckland versteckt sich im Regen.

Mount Victoria vom North Head aus.

Ich beschlieβe so schnell wie möglich den Hügel zu verlassen, um rüber zum North head zu laufen. Und so schlittere ich im nassen Gras die Bergflanke hinab wie Sam auf seiner Steinplatte den Abhang zum schwarzen Tor Mordors. Macht nix dass ich voll mit Schlamm bin, heute ist eh Waschtag!

North head ist eine alte Verteidigungsstellung, zwei Kanonen und einige Bunker befinden sich auf dem Gelände, aber da es nichtmal unter der Erde windstill ist, zieht es mich zum Navy Museum, direkt unterhalb. Hier ist nochmal lang und breit erklärt, gegen welche Gegner die Kiwis gekämpft haben und wie die Schlacht der Graf Spee gegen einen neuseeländischen (Achilles) und einen britischen (Ajax) Kreuzer vor der Küste Argentiniens verlief. Der Kommandant des deutschen Schlachtschiffes sandte seine Männer in einer Flussmündung vor Buenos Aires von Bord und ließ das Schiff sprengen, soviel kann ich verraten.

Mein Model von Thomas Cooks Flaggschiff war nicht so detailliert und groß: die HMS Endeavour. 

Von der Neuseeländischen Bevölkerung finanziert, um dem Commonwealth zu dienen: Neuseelands erstes Kriegsschiff, die HMNZS New Zealand.

Als ich meinen Rundgang durch das Museum beendet habe, hat sich das Wetter schon wieder geändert. Die Dame an der Rezeption meint zu mir: „Wenn das Wetter schlecht ist, warte einfach 10 Minuten. Wer weiß wie es dann ist?“ Von ihr bekomme ich auch die Information, dass gerade die Luft aus der Antarktis heraufströmt und der Freitag nicht wärmer werden wird. Eher noch kälter! Das deckt sich mit dem, was ich im Radio im Auto gehört habe, über den massiven Schneefall auf der Hochebene südlich von Lake Taupo. „I hope you enjoyed your visit“, sagt sie und ich erzähle ihr dass ich überrascht sei, in wie vielen Konflikten die Kiwis mitgekämpft haben seit dem 2.WK. Koreakrieg, Vietnam, Kambodscha, Erster Golfkrieg, da kommt einiges zusammen. Sie meint, es sei ja auch eine lange Zeit gewesen und viel passiert in der Welt. Da hat sie allerdings recht! Wir schwatzen noch eine Weile, bis ich mich loseise und wieder ins Hostel fahren muss. Die Deutschen wollen um 4 einkaufen gehen fürs Abendessen. Leider bin ich zu spät und muss mein eigenes Essen kochen. Das ist nicht schlimm, denn sowieso ist erst die Wäsche dran. Wenn ich mir meine Klamotten gut einteilen, kann ich bis zu drei Wochen ohne Waschen auskommen, im Sommer dann!

Auckland wieder im schönsten Sonnenschein!

An so einem windigen und kalten Tag hat man den Strand fast für sich.

Siebter (und hoffentlich letzter) Tag (in Auckland)

Der Tag beginnt kurz vor 7, als ich versuche in die verschlossene Küche zu stürmen. Mein Plan ist, um 7 Brötchen im New World market zu holen und dann um 8 vor dem Marine Deals in einem anderen Stadtteil zu stehen und dann schnell zum Pier herunter zu saußen, wo 9:15 die Fähre nach Rangitoto Island abfährt. Ich gehe in den TV/Lounge Room und…nanu? Hier sitzt ja schon einer! Genauer gesagt der Abiturient aus Hessen, der alle Läden in der Umgebung abklappert und nach Arbeit fragt. Momentan sitzt er aber nur mit seiner Bettdecke in einem Stuhl vor dem Ofen und klappert mit den Zähnen.

„Ach, noch ein Schlafloser!“, begrüße ich ihn.

„Alter, mir ist so kalt!“, erwidert er.

„Jo, das sieht ganz danach aus.“

Ich deute auf seine Füße, die direkt an der Stelle stehen, an der beim Fake-Kamin die heiße Luft herausgeblasen wird. Hinter mir schließt die Leiterin des Hostels gerade die Küche auf und mein junger Freund macht sich mit steifgefrorenen Gliedern träge auf den Weg dorthin.

Mir wird schon kalt, wenn ich ihn so ansehe!

„Erstmal nen warmen Tee machen!“, meint er und ich beschlieβe kurzfristig, mein Frühstück im Auto auf dem Weg zur endgültigen Unabhängigkeit einzunehmen. Ich fahre zum Marine Deals und möchte ein Zelt kaufen. Eigentlich hätte ich einen riesigen Store erwartet, aber ich finde einen Einzelhandelsladen vor, in dem mir der Besitzer auf der Webseite zeigt, was er im Angebot hat und dann hinter ins Lager flitzt, um mir den Artikel zu holen. Ich kaufe ein viel zu schweres, viel zu großes Zelt für viel zu viel Geld (199$), habe aber kaum Zeit mich darüber zu ärgern, denn ich muss direkt wieder zum Hostel, das Auto parken und hinunter in die Stadt laufen. Während ich die Hufe schwinge, merke ich dass das heutige Wetter ganz anders als gestern und angesagt ist. Ich habe mich mit Skiunterwäsche auf 5 Grad, Wind und Regen vorbereitet, aber die Sonne scheint und mir ist mollig warm, als ich 8:45 am Terminal der Fullers Fähre ankomme. Louisa, meine Begleitung aus dem Bamber House ist noch nicht eingetroffen. Sie bringt noch einen Franzosen mit, den sie aus dem Flugzeug kennt, Emile.

Die Fähre legt zwar nochmal in Devonport an, braucht trotzdem aber kaum eine halbe Stunde bis zum Pier auf Rangitoto. Dort gibt es unglaublicherweise nichts außer vier Hütten am Strand und ein Ferienlager. Denn auf dem Schiff befinden sich mindestens 30 ausgelassene Zehntklässlerinnen, die alle mit riesigen Tornister herumrennen und bis an die Zähne mit GoPros auf Selfie-Sticks ausgerüstet sind. Sie tragen fast alle nur kurze Hosen und scheinen nicht im geringsten zu frieren, was mir schier ein Rätsel ist. Ich vermute, es hat etwas mit Hormonen zu tun und damit dass die Neuseeländer gerade den Winter hinter sich lassen und sowieso alles verrückt spielt. Wir schlagen den Weg Richtung McKenzie Bay ein und folgen über einer Stunde einer breiten Fahrstraße rund um den Vulkan. Louisa überschlägt sich schier vor guter Laune darüber dass um sie herum überall Mangroven wachsen und der Himmel über uns strahlend blau ist. Wir sind die einzigen, die diese Route einschlagen und so ist es auch nicht verwunderlich, dass wir erst an der McKenzie Bay wieder Leute sehen.

Schönstes Wetter über Auckland, perfekte Bedingungen zur Wanderung.

Auf Rangitoto angekommen, fühlt man sich dennoch irgendwie nahe der Stadt.

Die Straße zur McKenzie Bay ist eine einzige Aschebahn.

Um wirklich sicher zu gehen, dass sich keine Nager und andere Schadtiere auf der Insel verbreiten, gibt es diese Kästen.

Es gilt, den Vulkankrater zu erreichen und jetzt rächt sich, dass ich Skiunterwäsche drunter hab in der Erwartung von Sturm und Eisregen. Noch dazu kommt, dass sich um uns herum ausgedehnte, schwarze Lavafelder erstrecken und der Vulkan sich doch ganz schön hoch über den Hauraki Gulf erhebt. Kurz vor dem Kraterrand geht der Weg in einen Holzsteg über. Davor steht eine Sechsergruppe schnatternder und in alle Richtungen deutenden Schulmädels. Die sind offenbar direkt auf den Gipfel gestiegen und müssen nun den Weg zum Schwestereiland finden, wo es dann auch gestattet ist zu campen. Das ist nämlich nicht auf dem Wegweiser neben dem Holzweg eingraviert. Louisa zeigt ihnen die Richtung, aber ich schnappe mir noch die Karte und einen Kompass, den eines der Mädels spazieren trägt und erkläre ihnen kurzerhand, wie man beide Sachen zusammen verwendet. Ich glaube zwei von sechs raffen es und in der Hoffnung dass sie immer in Sprechentfernung zueinander bleiben, entlasse ich sie Richtung Motutapu Island. Der Aufstieg zum Gipfel führt für uns über den Holzweg weiter und geht sehr schnell.

Der Blick über den Hauraki Gulf nach Auckland entschädigt für die Strapazen des Aufstiegs. 

Ausflugsziel für Schulklassen: Motutapu Island entstand aufgrund des Ascheregens von Rangitoto.

Endlich geschafft: Meine zwei französischen Begleiter bei ihrer wohlverdienten Pause.

Im Hintergrund ist Waiheke Island zu erkennen, die Insel der Weinkelterer.

Browns Island ist Sperrgebiet und darf nicht betreten werden. 

Auf dem Gipfel werden Fotos geschossen, klar! Ein älteres Ehepaar bittet uns, von ihnen welche zu schießen und ich bekomme mit, dass sie ebenfalls Franzosen sind, deshalb sage ich:

„Vouz pouvez faire les photos de nous aussie?“, vielleicht ist es hier nicht ganz korrekt geschrieben, aber der Mann nimmt auf jeden Fall schonmal die Kamera und wir postieren uns an der Ballustrade. Offenbar erwartet er ein Klicken, weil er immer wieder auf den Auslöser schaut, also sage ich:

„Alors, c’est ne fait pas ‚Klick‘! Vouz faitez dix fotos…non quinze!“

Er gibt mir die Kamera zurück und ich bemerke, dass Louisa mich ganz entgeistert anstarrt. In dem Moment wird mir klar, dass ich zum ersten mal in ihrer Gegenwart französisch gesprochen habe und sie sagt etwas vorwurfsvoll:

„Tu me dit jamais, que tu peut parler francais!“

Mit französischem Akzent sage ich:

„Just a little bit.“ und grinse.

Da wir nur noch wenig Zeit haben, da die letzte Fähre nach Auckland zurück 15:30 fährt, schlagen wir schleunigst den Weg zurück zum Kai ein. Zwischendurch biegen wir noch einmal ab, um uns die Lavahöhlen unterhalb des Gipfels anzuschauen. In zwei davon kann man sogar hineinkriechen, aber ich habe so das Gefühl, dass das Gestein ziemlich bröcklig ist und bleibe lieber im vorderen Teil.

Auf Entdeckungsreise in den Lavacaves.

Um alles zu erkunden, empfiehlt es sich schon, eine Lampe im Gepäck zu haben.

Der Abstieg geht dann sehr schnell, zwischendurch treffen wir auf eine Ebene, die absolut plan ist und vollständig mit Gras bewachsen. Das wirkt recht bizarr, da überall sonst auf dem bröckligen, scharfkantigen Gestein nur Mangroven wachsen. Zehn Minuten stehen wir einfach nur dort und wundern uns, bevor sich Louisa dann umdreht und sagt:

„Come on, lets go to the bitch!“

„Say it again?“

„One day, I’ll find something you pronounce wrong. Maybe I can find some english girl in the hostel, who can help me spell it right.“

„Thats gonna be funny: ‚Hey, can you help me pronounce, bitch?'“

Mit englisch sprechenden Franzosen, die zum Strand wollen hat man immer sehr viel Spaß! 😀

Das französisch-deutsche Dreiergespann vor dem Hauraki Gulf und Auckland.